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Romantische Wiederentdeckung im 19. Jahrhundert

Napoleon Bonaparte war geschlagen, seine Truppen auf dem Rückzug. Nichts sollte dem Feind überlassen werden, die Franzosen sprengten die Wehranlagen der Alhambra. Doch Jose Garcia, einem einfachen Soldaten, gelang es Schlimmeres zu verhindern: In letzter Sekunde konnte er eine Lunte löschen. Eine Gedenktafel erinnert heute an seine Heldentat im Jahre 1812.

Weite Teile der Alhambra lagen nun brach. Man nutzte die Paläste als Schafställe, Werkstätten oder Tavernen. Die Brunnen: öffentliche Waschstellen. Aber der Verfall hatte auch seinen Reiz: Als romantische Ruine wurde die Alhambra zu einem künstlerischen und literarischen Mythos. Romantiker des 19. Jahrhunderts, allen voran der amerikanische Schriftsteller Washington Irving, ließen sie in ihren Werken wieder auferstehen: Legenden verborgener Morisken-Schätze, schmachtender Prinzessinnen und edler Ritter - volkstümliche Vorstellungen, Traum und Wirklichkeit sind miteinander verwoben.

Das passte in die Zeit: Nicht mehr der Gedanke der Aufklärung, sondern das Mittelalter galt wieder als Ideal. Die Seele stand im Mittelpunkt - jenseits der Realität. François René de Chateaubriand, Victor Hugo und andere berühmte Schriftsteller erhoben die Alhambra zum Gegenstand ihrer Sehnsüchte.

María del Mar Villafranca Jiménez, Director of Alhambra:

"Die Alhambra hat Künstler angezogen und sie haben auch hier gewirkt: Man komponierte, man schrieb Gedichte, auch Werke der modernen Malerei wurden hier geschaffen. Selbst das Kino, die siebte Kunst, produzierte hier. Es gab kein Hotel im 19. Jahrhundert, das nicht ein Raucherzimmer im Stile der Alhambra aufzuweisen hatte. Bei der gehobenen Gesellschaft verhielt es sich ähnlich. Sogar Theater wurden nach der Alhambra benannt. Alles in allem handelte es sich um ein Phänomen, das die Alhambra zweifellos in der ganzen Welt bekannt gemacht hat."

Vor allem Washington Irving sorgte für den Ruhm: 1829 veröffentlichte er seine "Erzählungen der Alhambra". Jetzt wollten viele Reisende und Gelehrte die Ruinen mit eigenen Augen sehen. Auch der englische Architekt Owen Jones besuchte die Alhambra als letzte Station seiner Grand Tour. Seine Studien und Zeichnungen gehören zu den wichtigsten Dokumenten über die islamische Architektur.

Die Reise zur Alhambra wurde im ausgehenden 19. Jahrhundert zur Mode - und zur Vorläuferin des heutigen Kulturtourismus.