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Gespräch des Lebensmüden mit seiner Seele

Um 1850 vor Christus hat ein anonymer Dichter einen Text auf seine Papyrusrolle geschrieben, der in Inhalt und Sprache geradezu modern anmutet. Das unter dem Namen "Das Gespräch des Lebensmüden mit seiner Seele" berühmt gewordene Literaturwerk setzt sich kritisch mit einer Zeit auseinander, in der Egoismus und Habgier herrschen, und lässt den Autor zu dem unausweichlichen Schluss kommen, dass es nur einen Ausweg gibt, den selbst gewählten Tod.

Zu wem soll ich heute sprechen?
Die Herzen sind habgierig, man kann sich auf keines Menschen Herz verlassen.
Zu wem soll ich heute sprechen?
Es gibt keinen Gerechten, die Welt bleibt denen überlassen, die Unrecht tun.
Zu wem soll ich heute sprechen?
Es mangelt an Vertrauten, man nimmt Zuflucht zum Unbekannten, um ihm zu klagen.
Zu wem soll ich heute sprechen?
Es gibt keinen Glücklichen mehr, und jener, mit dem man ging, ist nicht mehr.
Zu wem soll ich heute sprechen?
Das Übel, welches die Welt schlägt - kein Ende hat es.
Der Tod steht heute vor mir
Wie das Genesen eines Kranken,
wie wenn man ins Freie tritt nach einem Leiden.
Der Tod steht heute vor mir
Wie der Duft von Weihrauch,
wie das Sitzen unter dem Segel am Tag des Windes.
Der Tod steht heute vor mir
Wie der Duft der Lotosblüten,
wie Wohnen am Rand der Trunkenheit.
Der Tod steht heute vor mir
Wie das Aufhören des Regens,
wie die Heimkehr eines Mannes vom Feldzug nach Hause.
Der Tod steht heute vor mir
Wie der Wunsch eines Menschen, sein Heim wiederzusehen,
nachdem er viele Jahre in Gefangenschaft verbrachte.