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Von Bäckereien bis zu Weingütern: Arbeit

Rund die Hälfte der Einwohner von Pompeji werden wohl Sklaven gewesen sein. Allerdings wurden sie meist mit etwa dreißig Jahren freigelassen, und viele ließen sich dann als Handwerker oder Händler nieder. Hier im "Macellum" haben wohl Sklaven bei Sklaven gekauft: die einen haben den Haushalt ihrer Herren geführt, die anderen die Früchte ihrer Fronarbeit verkauft. Im größten Markt der Stadt wurden vor allem Fleisch und Fisch gehandelt - die Archäologen haben hier eine Fülle von Knochen und Gräten gefunden.

Mehr als fünfzig Berufe können wir in Pompeji identifizieren: vom Weber bis zum Barbier, vom Maler bis hin zur "Öffentlichen Schweinehüterin". Zu den wichtigsten Handwerkern gehören die Bäcker - mehr als drei Dutzend Bäckereien gibt es in der Stadt. Hier wird das Mehl frisch gemahlen. An den Mühlen schuften Esel oder Maultiere - auch sie gehören zu den Einwohnern von Pompeji. Ein Nebenraum der Bäckerei dient als Stall. Im Mittelpunkt: der Ofen. Über tausend Jahre später wird man in genau so einem Holzofen die erste Pizza backen.

Ein florierender Wirtschaftszweig ist auch die Verarbeitung von Wolle. Direkt an der Hauptstraße liegt diese Wäscherei. Hier werden sowohl rohe Wolle als auch fertige Kleidung gewaschen. Als Waschmittel dient dabei Urin - er enthält viel Ammoniak und eignet sich gut als Fettlöser. Bis über die Knöchel stehen Sklaven in der Urin-Lauge und walken die Wolle mit den Füßen. Es folgen mehrere Spülgänge, und schließlich werden die Stoffe auf dem Dach zum Trocknen aufgehängt. Der Betrieb gehört wohl einem gewissen Stephanus: er macht an der Fassade Wahlwerbung für sich selbst.

Die Arbeit in einer Metallwerkstatt zeigt dieses Ladenschild aus Marmor. Zuerst muss das Rohmaterial abgewogen werden - selbst wenn Sohnemann nervt. Auf einem Amboss entstehen Schüsseln, Kessel oder Eimer. Ohne Verzierungen würden die sich nicht verkaufen - für sie sorgt ein künstlerisch begabter Kollege. Auch hier in der Werkstatt gibt es einen Hund - vom Wandbrett aus hat er den besten Überblick. Über ihm werden die fertigen Gefäße auf einem Regal angeboten.

Genau so ein Wandregal ist in dieser Weinhandlung in Herculaneum erhalten - und mit ihm ein Gutteil der Ladeneinrichtung. Vielleicht hat auch ihr Besitzer gleich über seinem Geschäft gewohnt: hier stehen die Reste eines Bettes.

Herculaneum, die kleine Nachbarstadt von Pompeji, liegt direkt am Meer. Hier gibt es besonders prächtige Häuser, die vom herrlichen Blick profitieren. Rings um Herculaneum liegen die prunkvollsten Landsitze der römischen Welt - darunter der riesige Palast, den sich Cäsars Schwiegervater Calpurnius Caesoninus Piso gebaut hat. Unzählige Statuen zeugen vom immensen Reichtum der Hauptstädter, die hier ihren Sommer verbringen.

Auch Herculaneum ist beim Ausbruch des Jahres 79 untergegangen. Hier aber sind die Gebäude nicht unter dem Vulkangestein zusammengebrochen. Über Herculaneum sind "pyroklastische Ströme" hinweggefegt, glühende Lawinen aus feinster Asche und heißen Gasen. Holz und andere organische Materialien sind schlagartig verkohlt - und unter mehr als zwanzig Metern Vulkanasche konserviert worden. Deshalb haben die Archäologen hier besonders viele Spuren des antiken Alltags gefunden. Zum Beispiel die Werkzeuge der Fischer: Angelhaken - ein aufgewickeltes Tau - und ein fast komplettes Fischerboot, neun Meter lang und über zwei Meter breit. Es lag direkt vor der Stadt am Strand.

Aus den Fischen wurde eine der Spezialitäten der Gegend hergestellt: Garum. Eine Soße zum Würzen aus verrottetem, vergorenem Fisch - für uns eine eher unappetitliche Vorstellung. In der ganzen römischen Welt aber galt Garum aus Pompeji als besondere Delikatesse. Und die Römer waren anspruchsvolle Gourmets:

Prof. Andrew Wallace-Hadrill, Leitung des Sidney-Sussex College, Cambridge:

"Die Römer trinken nicht einfach Wein aus der Gegend, sie importieren ihn. Das sieht man in Pompeji: die Pompejaner importieren Wein aus Kreta, aus dem ganzen Mittelmeerraum, sie importieren zum Beispiel auch Datteln aus Palästina - einen Behälter dafür haben wir bei den Ausgrabungen gefunden. Aber sie exportieren auch: Wein aus Pompeji hatte einen guten Ruf und wurde auch andernorts in Italien getrunken."

Nicht nur Wein und Fischsauce, selbst Zwiebeln aus Pompeji haben einen Ruf bis in die Hauptstadt. Die Landwirtschaft ist die wichtigste Grundlage für den Reichtum der Pompejaner. In der ganzen Gegend sind Hunderte von Bauernhöfen und Landgütern verstreut. Eines davon liegt vor den Toren von Pompeji. Wie so oft ist es nobles Landhaus und funktionierendes Weingut zugleich.

Plinius der Jüngere, berühmt für seine literarischen Briefe, preist die Vorzüge, die so ein Landgut für wohlhabende Städter hat:

"Da können sie ihren Geist ausspannen, ihre Augen erfrischen, einen Rain entlang schlendern, immer den gleichen Pfad abtreten, ihre lieben Weinstöcke Stück für Stück kennen und ihre Bäumchen zählen."

`Zurück zur Natur´ als Ausgleich für das Leben im Moloch Rom - und zugleich ein einträgliches Geschäft. In einem Trakt des Hauses wird der Wein gekeltert. Große Tresterpressen holen noch den letzten Tropfen Saft aus den Trauben. Er läuft direkt in den Nebenraum, in riesige Amphoren - Holzfässer gibt es nur in Gallien.

An der anderen Seite des Peristyls der Wohntrakt. Hier lässt es sich der reiche Besitzer gut gehen. So könnte er ausgesehen haben - zumindest hat jemand diese Karikatur an der Wand verewigt. Das Atrium hat eindrucksvolle Ausmaße. Es konnte mit Holztüren zum Innenhof hin abgeschlossen werden. Auch die Fenster hatten Läden aus Holz.

Das Tablinum ist mit exquisiter Malerei dekoriert - offenbar war der Hausherr ein Fan von ägyptischem Design. Die Fenster könnten verglast gewesen sein - für ein teures Haus nicht ungewöhnlich. Plinius zum Beispiel schwärmt von seiner eigenen Villa: "Der Säulengang bildet einen vortrefflichen Aufenthaltsort bei schlechtem Wetter, denn er ist durch Glasfenster und noch mehr durch vorspringende Wetterdächer geschützt." Einige wenige Scheiben haben die Jahrtausende überstanden und den Weg ins Museum geschafft.